Und täglich grüßt das Murmeltier

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Happy End gefällig? 

Seit 20 Jahren gehst du jeden Morgen ins Büro. Die ersten Jahre hast du das auch richtig gerne gemacht. Es hat dir Freude bereitet, morgens vorbei am Werkschutz, dann kurz der Abstecher in die Kantine, um dir dein Frühstücksbrötchen zu holen. Dein Job hat dich gefordert. An deine Kollegen hast du dich gewöhnt. Einige zählst du zu deinen Freuden. Dank des Tarifvertrages war deine Arbeitszeit klar geregelt. Wenn du dich mal ins Zeug gelegt hattest und auch ein bisschen mehr gemacht hattest, wurden die Überstunden auf dein Gleitzeitkonto gebucht und abgefeiert, wenn du mal zwischendurch Pause brauchtest.

Rahmenbedingungen im Unternehmen ändern schlagartig deine Zufriedenheit 

Ja, eigentlich hätte alles immer so weitergehen können. Wenn da nicht irgendwann die neue Geschäftsführung den Strategiewechsel verkündet hätte. Seitdem ist nichts mehr in Ordnung. Die Hälfte aller Kollegen aus deiner Abteilung wurden entlassen. Weniger Arbeit ist es seitdem nicht geworden. Jetzt bleibt die gleiche Arbeit an weniger Leuten hängen. Du musst jeden Tag Überstunden machen. Das gefällt dir nicht. Deiner Frau auch nicht. Du fühlst dich überfordert. Keiner sieht mehr, was du leistest. Sie wollen immer mehr von dir. Das Gehalt steigt aber nicht im gleichen Umfang wie die Arbeitsbelastung und auch die Verantwortung. Mittlerweile gehst du nicht mehr gerne ins Büro. Du schläfst nicht mehr gut. Der Werkschutz ist mittlerweile fremdvergeben. Die Mitarbeiter wechseln ständig. Du kennst die einfach nicht mehr. Die Werkskantine ist geschlossen – die Kosten. Schade. Alles hat sich geändert. Mittlerweile spürst du auch, dass man dich mit Argwohn beobachtet. Die Chemie zwischen dir und deinem direkten Chef passt nicht mehr. Und mit der Firmenleitung verbindet dich emotional rein gar nichts mehr. 

Eigentlich. Eigentlich. Eigentlich – gar nicht so leicht. 

Eigentlich hält dich nichts mehr. Du weißt, dass du nicht mehr glücklich bist. Du weißt, dass du eigentlich gehen müsstest. Eigentlich. Denn das fällt dir gar nicht so leicht. Und du siehst es auch gar nicht ein. Dir kann ja keiner was. Du machst einen soliden Job. Ja, mittlerweile ist es mehr Dienst nach Vorschrift als volle Leidenschaft. Wie auch. Bei der Menge an Themen auf deinem Tisch. Da muss alles schnell, schnell gehen. Die Gewerkschaft hat aber für euch raus gehandelt, dass es keine weiteren betriebsbedingten Kündigungen mehr gibt. Leistungsbezogen gibt es keinen Kündigungsgrund. Dein Verhalten ist auch normal. Also von Unternehmensseite ist nicht zu erwarten, dass die dich „erlösen“. Aber selber zu kündigen? In deinem Alter noch mal woanders neu anfangen? Puh. Ein Risiko.  

Die Angst vor der Eigenkündigung und ihren Folgen 

Dann bin ich der Neue und schnell weg vom Fenster, wenn es dann doch wieder an eine Restrukturierung geht. Außerdem: Die Betriebsrente bekommt man erst nach 25 Jahren. Und, man o man: Die Abfindung… Bei 20 Jahren und einem halben Gehalt pro Jahr der Beschäftigung. Da kommt ordentlich etwas zusammen. Darauf verzichten? Nein. Die anderen haben ja als sie gehen mussten, wenigsten einen goldenen Handschlag bekommen und konnten mal ein halbes Jahr Pause machen. Sich in Ruhe sortieren und dann auf die Jobsuche begeben. Ich muss das jetzt nebenbei machen. Abends. Zwei Monate komme ich mit dem Ersparten aus. Dann droht auch noch eine Sperrfrist vom Arbeitsamt, wenn ich selber kündige… Und was sagt dann wieder meine Frau?  

Es ist also gar nicht so leicht, das Richtige in deiner Situation zu tun. Auch wenn du intellektuell verstehst, dass ein weiterer Verbleib bei deinem aktuellen Arbeitgeber zwar jetzt vielleicht finanziell Sicherheit bedeutet, bedeutet es gleichzeitig jeden Tag aufs Neue Unglück, Frust und Ärger. 

 Wer sich zuerst bewegt…. der holt den Sieg für beide Seiten 

Interessanterweise geht es dir und deinem Arbeitgeber ja grundsätzlich ähnlich. Er ist unzufrieden, weil du unzufrieden bist. Denn wenn du unzufrieden bist, leistest du weniger als du könntest, vielleicht auch als du selber willst. Gleichzeitig bindest du Tag für Tag viel Kapital. Aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht bekommt er für sein eingesetztes Kapital nicht den optimalen Output. Er kann aber objektiv nichts unternehmen. Also kann er dir im Zweifel nur noch mehr Arbeit geben, damit du irgendwann von alleine gehst. Vielleicht macht er das gar nicht bewusst. Aber vielleicht auch doch. Du wiederum bringst nicht den Mut auf – aus den oben genannten Gründen. Verständlicherweise. Was wäre, wenn ihr euch nicht wie im High Noon von Angesicht zu Angesicht mit gezogenen Knarren auf dem Werksgelände duellieren würdet, sondern euch einfach mal gemeinsam an einen Tisch setzt und eure Positionen klärt? Vielleicht mit dem Ergebnis, dass es einvernehmliche Trennung im Sinne aller wäre? Wäre das nicht eine Erlösung? Win-Win – beide Seiten gewinnen. Viel Erfolg dabei.

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